Teil 1: Wer macht was in der Psychotherapie?

Lesezeit: 15+ Minuten

Hier bekommst du: Wichtige Infos darüber, wer eigentlich Psychotherapie anbieten darf und einen Überblick über die verschiedenen Berufsbezeichnungen, die beim Thema „Psychotherapie“ da draußen in der Welt so herumschwirren. Ein ziemlich komplexes Thema. Let’s go!

Dieser Blogartikel konzentriert sich auf Psychotherapie mit Erwachsenen im ambulanten Setting. Deshalb findest du hier keine detaillierten Ausführungen zu Psychotherapie im stationären oder teilstationären Bereich. Psychotherapie mit Kindern und Jugendlichen ist nochmal ein spezielles Thema und wird hier auch nicht behandelt.

Die Fakten beziehen sich auf die Situation in Deutschland (Stand April 2024).

 

 

Inhalt

 

Basics first: die Berufserlaubnis

Um in Deutschland psychotherapeutisch arbeiten zu dürfen, benötigt man eine Zulassung bzw. Erlaubnis zur Berufsausübung der Heilkunde. Dafür gibt es nur zwei staatlich anerkannte Möglichkeiten:

  1. Die Approbation (für Heilberufe)

  2. Die Heilpraktiker:innen-Erlaubnis (kurz: Heilerlaubnis)

Wer keine solche Erlaubnis hat, darf auch keine Psychotherapie anbieten. Fertig.
Klingt einfach, oder? Kompliziert wird es leider, wenn du wissen willst, wer jetzt so eine Zulassung oder Erlaubnis hat und wer nicht, und wer sich dann wie nennen darf. Wir schauen uns mal bei den kursierenden Berufsbezeichnungen um. Zur Vereinfachung habe ich diese in Gruppen unterteilt.

 

Die Berufsbezeichnungen

Gruppe 1 “Die Ärzt:innen”

  • Ärzt:innen (Human-Mediziner:innen) erhalten ihre Approbation direkt nach dem Medizinstudium. Auf Grundlage dieser Approbation dürfen sie dann grundsätzlich auch psychotherapeutisch arbeiten - auch ohne weitere Facharztausbildung und ohne psychotherapeutische Ausbildung.

    Ärzt:innen können beliebige psychotherapeutische Verfahren lernen und anbieten, die nicht notwendigerweise eines der vier Richtlinienverfahren (siehe Psychologische:r Psychotherapeut:in) sind. Sie dürfen sich dann aber weder “Ärztliche:r Psychotherapeut:in“ noch „Psychotherapeut:in“ nennen und haben für ihr psychotherapeutisches Angebot keine Kassenzulassung.

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    Good to know:
    Ärzt:innen dürfen - im Gegensatz zu Psychologischen Psychotherapeut:innen und Heilpraktiker:innen - Medikamente verschreiben und krankschreiben. Einweisungen zur stationären Behandlung in Kliniken können - neben den Ärzt:innen - unter bestimmten Voraussetzungen auch Psychologische Psychotherapeut:innen ausstellen.

  • Ärztliche:r Psychotherapeut:in ist ein Sammelbegriff für Ärzt:innen (Human-Mediziner:innen), die im Rahmen ihrer fachärztlichen Weiterbildung auch Psychotherapie als Schwerpunkt haben.

    Dafür gibt es drei verschiedene Wege:

    Durch eine mehrjährige Weiterbildung zum und zur

    • Fachärzt:in für Psychiatrie und Psychotherapie
      (siehe auch Psychiater:in)

      ODER

    • Fachärzt:in für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
      (siehe auch Psychosomatiker:in)

      ODER

    • Fachärzt:in „anderer“ Fachrichtungen
      PLUS
      einer Weiterbildung in „fachgebundener Psychotherapie“ in einem anerkannten Richtlinienverfahren

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    Wie du siehst, können also auch Fachärzt:innen anderer Fachrichtungen (z.B. Innere Medizin, Onkologie, Orthopädie usw.) eine zusätzliche Weiterbildung in Psychotherapie absolvieren. Diese sind aber kürzer und weniger umfangreich als die Facharztausbildungen in Psychiatrie und Psychosomatik. Sie dürfen Psychotherapie deshalb auch nur innerhalb ihres eigenen Fachgebiets anwenden.

    Für alle genannten Fachärzt:innen gilt, dass die psychotherapeutische Weiterbildung einem anerkannten Richtlinienverfahren entspricht (zu Richtlinienverfahren siehe Psychologische:r Psychotherapeut:in).

    Good to know: Ärztliche Psychotherapeut:innen haben überwiegend eine Kassenzulassung. Und wie alle Ärzt:innen dürfen sie – im Unterschied zu Psychologischen Psychotherapeut:innen und Heilpraktiker:innen - Medikamente verschreiben und krankschreiben. Einweisungen zur stationären Behandlung in Kliniken können - neben den Ärzt:innen und Ärztlichen Psychotherapeut:innen - unter bestimmten Voraussetzungen auch Psychologische Psychotherapeut:innen ausstellen.

  • Fachärzt:innen für Psychiatrie und Psychotherapie (siehe: Ärztliche:r Psychotherapeut:in) können sich auch Psychiater:in nennen. In diesem Fall konzentrieren sie sich auf den körperlichen Teil psychischer Erkrankungen. Die Schwerpunkte liegen auf der Diagnostik sowie bedarfsweisen medikamentösen Behandlung. Je nach Art und Schweregrad einer Erkrankung geht es neben der pharmakologischen Behandlung auch um die Einbindung von Neurolog:innen und weiteren Fachärzt:innen sowie gegebenenfalls um die Überweisung zu ambulanter Psychotherapie oder eine stationäre Klinikeinweisung. Das nennt man dann multimodale oder interdisziplinäre Therapie.

    Auf dem Praxisschild von Psychiater:innen steht in der Regel die Berufsbezeichnung „Fachärzt:in für Psychiatrie und Psychotherapie“.

  • Wer sich Psychosomatiker:in nennt, ist Fachärzt:in für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie (siehe Ärztliche:r Psychotherapeut:in). Die Psychosomatik ist ein interdisziplinäres Fachgebiet, das sich mit der sehr komplexen Wechselwirkung von Psyche und Körper beschäftigt. Das Fachgebiet umfasst im Wesentlichen die Diagnose, Behandlung und Rehabilitation von Erkrankungen, bei denen eine solche Wechselwirkung im Vordergrund steht. Psychosomatiker:innen findet man häufig in Schmerz- und Rehakliniken, die interdisziplinär arbeiten.

    Wie beim Psychiater steht die Psychotherapie nicht im Vordergrund, sondern wird im Rahmen multimodaler Ansätze integriert.

    Good to know: Psychosomatische Erkrankungen sind Erkrankungen, die sich nicht vollständig durch körperliche Befunde erklären lassen. Hat jemand zum Beispiel nach einem behandelten Bandscheibenvorfall weiterhin Rückenschmerzen, obwohl aus orthopädischer Sicht der Schmerz nicht mehr erklärbar ist, wird von Psychosomatik gesprochen.

    Anders herum können aber auch körperliche Erkrankungen die Psyche belasten. Man spricht dann von sogenannten somatopsychischen Reaktionen. Ein Beispiel dafür wären psychische Probleme wie eine depressive Reaktion in Folge eines Herzinfarktes.

  • Neurolog:in ist, wer sich nach dem Medizinstudium zum oder zur „Fachärzt:in für Neurologie“ weiterbilden lässt. Auch hier gilt, wie für alle anderen Ärzt:innen mit Approbation, dass sie psychotherapeutisch arbeiten dürfen (auch ohne therapeutische Ausbildung oder Zusatzqualifikation), aber eher selten anbieten.

    Neurolog:innen befassen sich im Allgemeinen mit körperlichen Störungen des Gehirns, des Rückenmarks, der Nerven sowie der Muskulatur und weniger mit psychischen Erkrankungen.

    By the way: Was ist eigentlich ein Nervenarzt?
    Im Psycho-Dschungel tummelt er sich noch häufiger: der Begriff des „Nervenarztes“. Früher war das die offizielle Bezeichnung für eine:n Fachärzt:in für Nervenheilkunde, inhaltlich eine Art Doppel-Fachärzt:in für Psychiatrie und Neurologie. Seit 1989 sind die beiden Facharztausbildungen aber getrennt. Trotzdem gibt es auch 35 Jahre später noch nervenärztliche Praxen; naturgemäß werden es aber weniger. Im allgemeinen Sprachgebrauch werden Psychiater:innen und Neurolog:innen auch heute noch gerne zusammen in den „Nervenarzt-Topf“ geworfen.

 

Gruppe 2 “Die Psycholog:innen und Psychotherapeut:innen”

  • Psycholog:in ist eine geschützte Berufsbezeichnung für jemanden, der oder die ein Psychologiestudium erfolgreich abgeschlossen hat. Früher war das ein Diplom-Studiengang (Dipl. Psych.); heute ein Masterstudiengang zum Master of Science in Psychologie (M. Sc. Psych.) oder Master of Arts in Psychologie (M. A. Psych.).

    Wenn es um psychische Probleme geht, denken viele erstmal an Psycholog:innen. Aber: der Beruf des oder der Psycholog:in ist kein Heilberuf, sondern eine wissenschaftliche Disziplin und nicht mit den Psychotherapeut:innen zu verwechseln. Die Wissenschaft der Psychologie entwickelt und forscht zu allgemeinen Theorien über das Erleben und Verhalten von Menschen. Hier geht’s also primär nicht um den oder die Einzelne:n und seine oder ihre psychischen Probleme.

    WICHTIG: Das abgeschlossene Masterstudium in Psychologie alleine berechtigt nicht zur Ausübung von Psychotherapie!

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    Good to know: Psycholog:innen können aber auf zwei Wegen die Zulassung bzw. Erlaubnis zur psychotherapeutischen Arbeit erlangen:

    Entweder sie bilden sich zu Psychologischen Psychotherapeut:innen weiter. Dafür ist das abgeschlossene Masterstudium der Psychologie die Eingangsvoraussetzung (siehe Psychologische:r Psychotherapeut:in).

    Oder sie absolvieren eine Prüfung zur Heilerlaubnis als Heilpraktiker:in für Psychotherapie bzw. können diese Heilerlaubnis beantragen. Das ist je nach Bundesland unterschiedlich geregelt. In 9 von 16 Bundesländern (darunter auch in Bayern) bekommen Psycholog:innen diese Heilerlaubnis auf Antrag und müssen dafür keine Prüfung absolvieren. Voraussetzung dafür ist, dass das Studium das Studienfach „klinische Psychologie“ enthielt und natürlich die weiteren Grundvoraussetzungen für die Heilerlaubnis erfüllt sind (siehe Heilpraktiker:in für Psychotherapie).

  • Voraussetzung für die Zulassung zur Weiterbildung zum oder zur Psychologischen Psychotherapeut:in ist ein abgeschlossenes Masterstudium in Psychologie (M. A. Psych. oder M. Sc. Psych.). Darauf folgt eine staatlich anerkannte psychotherapeutische Ausbildung, die in Vollzeit drei Jahre dauert. Diese Ausbildung ist durch das Psychotherapeutengesetz (PsychThG) einheitlich geregelt.

    Die Ausbildungsmöglichkeiten sind auf vier sogenannte Richtlinienverfahren beschränkt:

    Psychoanalytische Psychotherapie
    • Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie
    • Verhaltenstherapie
    • Systemische Therapie

    Exkurs: Als Richtlinienverfahren gelten in Deutschland Verfahren, die von einem speziellen Gremium als wissenschaftlich anerkannte Methoden definiert wurden. Nur diese Methoden werden (unter weiteren Voraussetzungen) von den Krankenkassen übernommen. Psychologische Psychotherapeut:innen haben häufig eine Kassenzulassung. Mehr zu den Themen Richtlinienverfahren, Kassenzulassung und Privatleistungen erklär ich dir in einem Folgeteil dieser Blogserie.

    Wichtig: Die Approbation, also die Erlaubnis, psychotherapeutisch arbeiten zu dürfen, erhalten Psycholgische Psychotherapeut:innen, im Gegensatz zu allen Medizinier:innen, erst NACH dem Abschluss der Ausbildung.

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    Psychologische Psychotherapeut:innen mit Kassenzulassung dürfen unter bestimmten Voraussetzungen, in akuten Notfällen oder wenn eine ambulante Therapie keinen Behandlungserfolg hat, eine Einweisung ins Krankenhaus ausstellen. Sie dürfen aber keine Medikamente verschreiben und nicht krankschreiben. Das ist weiterhin den Mediziner:innen vorbehalten.

    Good to know: 2020 gab es eine Reform des Psychotherapeutengesetzes (PsychThG). Die Ausbildung zum oder zur Psychologischen Psychotherapeut:in ist seitdem ein Phase-out-Modell und wird durch das Studium der Psychotherapie und eine entsprechende Weiterbildung ersetzt. Da es aber einen Bestandsschutz für Psychotherapeutische Psychotherapeut:innen und langfristige Übergangsregelungen gibt, wird dir diese Berufsbezeichnung noch lange begegnen. Mehr zur Neuregelung findest du unter: Psychotherapeut:innen und Fach-Psychotherapeut:innen.

  • Seit der Reform des Psychotherapeutengesetzes (PsychThG) im Jahr 2020 gibt es ein explizites Studium „Psychotherapie“. Für diejenigen, die Psychotherapeut:innen werden wollen, ersetzt dieses Studium den bisherigen Studiengang der Psychologie.

    Wichtig: Anders als bisher erhalten die Absolvent:innen dieses Studiengangs ihre Approbation und damit die Zulassung zum Beruf direkt nach dem Masterabschluss, also bereits VOR der psychotherapeutischen Weiterbildung. Die Berufsbezeichnung nach dem Studium ist Psychotherapeut bzw. Psychotherapeutin (ohne das „Psychologische:r…“ vorne dran).

    Da die Absolvent:innen schon eine Berufserlaubnis haben, können sie in ambulanten Praxen, Kliniken und Rehaeinrichtungen eingesetzt werden (und erhalten dafür - anders als bisher – auch ein Gehalt). Berufsbegleitend dazu erfolgt dann eine 5-jährige Weiterbildung in einem der anerkannten Richtlinienverfahren:

    Psychoanalytische Psychotherapie
    • Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie
    • Verhaltenstherapie
    • Systemische Therapie

    Eine Kurzinfo zum Thema Richtlinienverfahren findest du unter: Psychologische:r Psychotherapeut:in.

    Die Berufsbezeichnung NACH Abschluss der Weiterbildung ist Fach-Psychotherapeut bzw. Fach-Psychotherapeutin. Fach-Psychotherapeut:innen haben dann auch die Möglichkeit zur Kassenzulassung. Aktuell gibt es die Berufsbezeichnung noch gar nicht, weil die ersten Absolvent:innen des neuen Studiengangs gerade mit der Weiterbildung beginnen und noch nicht “auf dem Markt” sind.

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    Good to know: Derzeit staut es sich bei den berufsbegleitenden Weiterbildungen nach dem Studium. Das könnte zur Folge haben, dass die Studienabgänger:innen die Wartezeit überbrücken, indem sie erstmal Privatpraxen eröffnen und vermehrt in psychotherapeutischen Praxisgemeinschaften zu finden sein werden.

  • Psychoanalytiker:innen werden oft mit Psychotherapeut:innen gleichgesetzt. Das stimmt so allerdings nicht. Psychoanalytiker:in ist erstmal nur die Bezeichnung für jemanden, der oder die Psychoanalyse und/oder analytische Psychotherapie als eines von vielen Therapieverfahren anbietet.

    Die meisten Ausbildungsinstitute sind in einem Fachverband organisiert: der Deutschen Gesellschaft für Psychoanalyse, Psychotherapie, Psychosomatik und Tiefenpsychologie (DGPT). Die DGPT als übergeordneter Verband setzt ein abgeschlossenes universitäres Studium der Medizin, Psychologie oder Psychotherapie voraus. Die meisten Psychoanalytiker:innen sind, entsprechend ihrem Werdegang über das Studium und die anschließende Weiterbildung, ärztliche oder psychologische Psychotherapeut:innen.

    Wichtig: warum ist der oder die Psychoanalytiker:in ein Special Case?

    Weil die Bezeichnung Psychoanalytiker:in nicht geschützt ist. Neben den Instituten, die sich einem Fachverband wie der DGPT angeschlossen haben, gibt es diverse weitere Gesellschaften und Institute, die sich eigene Richtlinien geben. Die Eingangsvoraussetzungen und auch die Qualität der Ausbildungen kann deshalb sehr unterschiedlich sein. Psychoanalytiker:in kann sich jeder nennen, der irgendeine solche Ausbildung absolviert hat. Es ist deshalb wichtig, dass du dich vergewisserst, welchen Background ein:e Psychoanalyiker:in tatsächlich hat.

 

Gruppe 3 “Die Heilpraktiker:innen”

  • Neben der Approbation gibt es in Deutschland noch eine weitere Möglichkeit, psychotherapeutisch zu arbeiten, nämlich die Heilerlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz (HeilPrG oder HPG). Seit ca. 30 Jahren gibt es die Möglichkeit, diese Heilerlaubnis eingeschränkt auf die Ausübung von Psychotherapie zu erlangen.

    Zur Prüfung zugelassen werden kann jede und jeder, der oder die eine abgeschlossene Schulausbildung, das Mindestalter von 25 Jahren und ein einwandfreies Führungszeugnis hat und frei von Suchterkrankungen, schweren psychischen Störungen und chronischen Infektionskrankheiten ist. Die Prüfungen bestehen aus einem schriftlichen und einem mündlichen Teil und werden von einer Kommission abgenommen, in der sowohl Ärzt:innen, approbierte Psychotherapeut:innen als auch Heilpraktiker:innen vertreten sind.

    Heilpraktiker:innen für Psychotherapie dürfen, im Gegensatz zu (Voll-) Heilpraktiker:innen keine körperlichen Leiden behandeln. Dafür ist die Prüfung in Hinblick auf das notwendige Wissen über Psychologie und Psychiatrie sehr viel umfangreicher als bei den (Voll-) Heilpraktiker:innen, die überwiegend auf medizinisches Wissen geprüft werden.

    Wichtig: Die Ausbildung zur Heilpraktiker:in für Psychotherapie und die entsprechende Prüfungsvorbereitung sind nicht gesetzlich geregelt. Und: die Heilerlaubnis ist auch nicht an eine fundierte psychotherapeutische Ausbildung gebunden. Heilpraktiker:innen für Psychotherapie erhalten ihre Berufserlaubnis, OHNE vorher eine psychotherapeutische Ausbildung absolvieren zu müssen. Einziges Kriterium ist das Bestehen der Prüfung.

    Aufgrund der großen Nachfrage nach Psychotherapie in der Bevölkerung haben die Gesundheitsämter die Prüfungsanforderungen allerdings verschärft. Und bei seriösen Anbieter:innen, die ihre Ausbildungsteilnehmer:innen auch qualitativ gut auf die Prüfung vorbereiten, dauert die meist berufsbegleitende Ausbildung im Schnitt zwei Jahre.

    Good to know: Heilpraktiker:innen für Psychotherapie dürfen sich nicht „Psychotherapeut oder Psychotherapeutin“ nennen. Sie können aber in ihrer Berufsbezeichnung das Wort „Psychotherapie“ verwenden. Eine typische Bezeichnung auf der Visitenkarte oder dem Praxisschild ist zum Beispiel: „Praxis für Psychotherapie (HPG)“.

  • Die Zulassungsvoraussetzungen und der Prüfungsablauf sind identisch mit denen des und der Heilpraktiker:in für Psychotherapie. Geprüft wird hier das medizinische Fachwissen. Psychologische und psychiatrische Fachkenntnisse sind dagegen nur ein minimaler Teil der Prüfungsvorbereitung und in der Regel nicht prüfungsrelevant.

    Wichtig: Wie bei den Heilpraktiker:innen für Psychotherapie sind auch hier die Ausbildung und entsprechende Prüfungsvorbereitung nicht gesetzlich geregelt. Ausschlaggebend ist allein das Bestehen der Prüfung. Und genau wie bei den Heilpraktiker:innen für Psychotherapie (und ähnlich wie bei der ärztlichen Approbation) ist die „medizinische“ Heilerlaubnis nicht an eine therapeutische Ausbildung gebunden. Heilpraktiker:innen erhalten also ihre Berufserlaubnis, OHNE eine therapeutische Ausbildung absolvieren zu müssen. Aufgrund ihrer Heilerlaubnis dürfen (Voll-) Heilpraktiker:innen auch psychotherapeutisch arbeiten.

    Good to know: Die Heilerlaubnis beruht bis heute auf einem Gesetz aus dem Jahr 1939, das vor allem den Zweck hatte, den damals üblichen Wanderheiler:innen und sogenannten Quacksalber:innen das Handwerk zu legen. Es soll also in erster Linie Schaden verhindern, sagt aber nichts über die Qualifikation aus. Das heißt aber natürlich nicht, dass es heute nicht sehr viele Heilpraktiker:innen mit hoher Berufsethik gibt, die sich (freiwillig!) qualitativ hochwertig aus- und weitergebildet haben. Nur die Gesetzeslage ist halt Mist!

 

Gruppe 4 “Die Anderen” (ohne geschützte Berufsbezeichnungen)

  • Beratung und Coaching ist ein weites Feld, über das man gleich einen eigenen Artikel schreiben könnte. An dieser Stelle deshalb nur „short and simple“ die wichtigsten Fakten.

    Fact 1
    Beratung und Coaching sind keine Psychotherapie. Um Beratung oder Coaching anzubieten, benötigt man keine Heilerlaubnis oder Approbation. Im Umkehrschluss dürfen Berater:innen und Coach:innen eben auch keine Psychotherapie anbieten, keine psychischen Störungen mit Krankheitswert behandeln und keine Diagnosen stellen.

    Fact 2
    Die Bezeichnungen sind nicht geschützt und unterliegen keinem offiziellen Qualitätsstandard. Jede:r kann sich Berater:in, Coach:in, Lebensberater:in oder auch psychologische:r Berater:in nennen - ganz ohne oder egal mit welcher Ausbildung.

    Wichtig: Das zeigt schon, dass an dieser Stelle Vorsicht geboten ist. Nicht jede:r Lebensberater:in oder Coach:in ist ein Scharlatan. Allerdings: dort wo Menschen in Not sind, finden sich leider immer auch fragwürdige Hilfsangebote, die im besten Fall nutzlos, aber manchmal auch gefährlich sein können.

    Ausblick: Mehr zum Thema Coaching und Beratung und die Abgrenzung zur Psychotherapie kannst du in einem Folgeteil dieser Blogartikelserie nachlesen, wenn es um die psychotherapeutischen Methoden geht.

 

Die Grundvoraussetzung, um überhaupt Psychotherapie anbieten zu dürfen, ist die Zulassung zum Heilberuf - entweder durch eine Approbation oder eine Heilerlaubnis (nach dem Heilpraktikergesetz).

Diese Grundvoraussetzung wird von folgenden Berufsgruppen erfüllt:

  • Alle Human-Mediziner:innen (Approbation)

  • Ärztliche Psychotherapeut:innen (Approbation)

  • Psychologische Psychotherapeut:innen (Approbation)

  • Psychotherapeut:innen und Fach-Psychotherapeut:innen (Approbation)

  • Heilpraktiker:innen für Psychotherapie (Heilerlaubnis)

  • (Voll-) Heilpraktiker:innen (Heilerlaubnis)

Von all diesen Berufsbezeichnungen kannst du aber nur bei den Folgenden SICHER davon ausgehen, dass sie eine staatlich anerkannte psychotherapeutische Ausbildung in einem von vier kassenärztlich anerkannten Verfahren durchlaufen haben:

  • Ärztliche Psychotherapeut:innen

  • Psychologische Psychotherapeut:innen

  • Fach-Psychotherapeut:innen

Alle Anderen können Psychotherapie auch anbieten, BEVOR oder auch OHNE eine psychotherapeutische Weiterbildung absolviert zu haben. Das heißt jetzt nicht, dass sie alle unquailifiziert sind. Nur solltest du dich bei diesen Berufsgruppen gut informieren und im Einzelfall nachfragen:

  • Human-Mediziner:innen (nach der Approbation)

  • Psychotherapeut:innen (Absolvent:innen des Psychotherapiestudiums)

  • Psycholog:innen mit Heilerlaubnis (nach dem Heilpraktikergesetz)

  • Heilpraktiker:innen für Psychotherapie

  • (Voll-) Heilpraktiker:innen

KEINE Psychotherapie anbieten dürfen:

  • Psycholog:innen ohne Heilerlaubnis (nach dem Heilpraktikergesetz)

  • Coach:innen, Lebensberater:innen, psychologische Berater:innen

  • alle Weiteren ohne geschützte Berufsbezeichnung


  • Schwarze Schafe gibt es überall, genauso wie hochprofessionelle Expert:innen. Im Psycho-Dschungel findest du viele empathische, sehr qualifizierte Ärztliche und Psychologische Psychotherapeut:innen. Aber leider auch solche, die, trotz langjähriger und fundierter Ausbildung und Praxis, menschlich eine ziemliche Katastrophe sind.

  • Genauso gibt es seriöse, sehr gut ausgebildete Psycholog:innen, Ärzt:innen und Heilpraktiker:innen, die mit Professionalität, viel Herzblut und Einfühlungsvermögen arbeiten und bei denen du super aufgehoben bist. Und auch diejenigen, die zwar eine Approbation oder Heilerlaubnis haben, aber sich nicht um eine fundierte psychotherapeutische Weiterbildung und genügend Selbsterfahrung scheren.

  • Vorsicht ist grundsätzlich geboten bei Heilpraktiker:innen, Ärzt:innen, Psycholog:innen und allen weiteren Psycho-Anbieter:innen OHNE erkennbare therapeutische Ausbildung (am besten mehrjährig) und vor allem bei schnellen Heilsversprechen. Das ist in aller Regel unseriös!  

Mein Tipp für dich 

Informiere dich vorab über die wichtigsten Dinge im Psycho-Dschungel, damit du vorbereitet und smart auf Therapeut:innen-Suche gehen kannst. Und dann schau dir den Menschen mit dem du arbeiten willst, genau und in aller Ruhe an - mit Kopf, Herz und Bauchgefühl.


More to come -
Verfahren und Methoden

Welche Therapiemethoden gibt es überhaupt? Was sind die Unterschiede und welches Verfahren könnte zu dir und deinen Themen passen? Und: wie findest du den richtigen Menschen, damit deine Therapie erfolgreich sein kann? Dazu mehr in den nächsten Teilen dieser Blog-Serie.

Also: Stay tuned!